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Meine Reise 2011 - 2014

Meine Reise 2011 - 2014

Sonntag, 21. April 2013

Mit dem Dolch in den Rücken gestochen

Da schreib ich im letzten Beitrag noch , dass die Halbzeit schon herum ist, dass es im Moment nicht soviel zu berichten gibt und dann in einer Sekunde wird alles wieder so spektakulär. Dieses Mal allerdings nicht im positiven Sinne. Der 12.April 2013 wird als einer der ganz schwarzen Tage in mein Australienabentuer eingehen. Aber ich fange ganz von vorne an. Am vorausgegangen Mittwoch haben wir uns zu einem Filmeabend bei mir im Zimmer getroffen. Nach dem Filme sind Jimmy, Danielle, Mari-Liis und ich ins Plaudern gekommen, wer denn den schönsten Raum in Balladonia hat. Wir sind also in Jimmys und Danielles Raum gegangen, die gleich neben meinem Raum sind. Wie es dann manchmal so ist, hat sich die gesamte Konversation vor die Räume verlagert. Nach einer Zeit kam dann unser Kollege Kevin, der sowieso schon immer ziemlich griesgrämig ist, um die Ecke und machte uns voll die Szene, dass wir ihn aufgeweckt hätten. Es tat uns voll leid, da wir nicht realisiert hatten, dass wir ein wenig lauter waren. Danach sind wir auch sofort auf unsere Zimmer gegangen. Für mich war damit die Sache eigentlich auch erledigt, da Kevin am nächsten Tag eh frei hatte und es jetzt auch nicht so war, als ob wir eine laute Party vor unseren Räumen gefeiert hätten. Am nächsten Morgen kam ich dann zu meiner Schicht und Daves erste Worte waren: „Action gehabt gestern?“ Ich habe nichts dazu gesagt, wusste aber gleich, dass Kevin mit Dave gesprochen hatte. Was für ein – in diesem Fall ist es echt angebracht – Arschloch muss man denn bitte als Kollege sein, dass man am nächsten Morgen gleich zum Chef rennt und petzen muss? Sind wir im Kindergarten oder was? Naja nach meiner Schicht meinte Dave dann, dass ich am nächsten Morgen um 10 Uhr in sein Büro kommen sollte. Für mich war die ganze Geschichte weiterhin erledigt. OK, hole ich mir morgen eine Standpauke bei Dave ab und dann ist wieder alles gut. Denkt man…

Dann kam der schwarze Freitag, an dem ich mich gefühlt habe, wie ein Müllsack, den man in die Tonne tritt, weil er zu sehr stinkt. 7 Uhr morgens, ich hatte gerade mal 5 Stunden geschlafen, klopfte Heidi an meine Tür und fragte, ob ich jetzt schon in Daves Büro kommen könne. Völlig verschlafen betrat ich Daves Büro. Ich merkte schon an seinem Gesichtsausdruck, das hier etwas faul ist. Um seinen Monolog mal verkürzt zusammen zufassen: „Ich denke, du weißt warum du hier bist?. Es ist nicht wegen deiner Arbeit. Ich bin absolut zufrieden, aber es ist einfach die Lautstärke. Deine Zeit hier ist vorbei. Du musst bis 11 Uhr raus sein“ BÄMMMMM … da saß ich im Stuhl, als ob dir jemand das Herz herausreißt. „Ich bin zufrieden mit deiner Arbeit!“ „Es ist die Lautstärke!“ „Deine Zeit hier ist vorbei“ Was ist das denn für ein Bullshit Dave? Hat er mich gerade echt gefeuert, weil ich zu kommunikativ bin? Ja, das hat er…
Den Boden unter den Füßen weggerießen, ging ich zurück zu meinem Zimmer und setzte mich aufs Bett. Meine Gefühlslage in diesem Moment kann ich nur ganz schwer beschreiben. Zum einen hatte ich einen ganz großen Hass auf Kevin. Daves Worte „Deine Zeit ist vorbei“ schallten in meinem Kopf. Der Fakt, das ich gerade gefeuert worden bin, wollte irgendwie nicht in meinen Kopf. Viel schlimmer noch war aber die Leere in meinem Kopf. Ich hatte für diese Situation keinen Plan B. Ich hatte meine Zeit nach Balladonia so schön ausgemalt. Und nun? Von einer auf die andere Sekunde … alles zerstört. Mari-Liis kam weinend zu meinem Zimmer. Ja, auch sie hat es erwischt.
Wie es aus so einer banalen Situation so enden konnte, war mir absolut unerklärlich und wir konnten darüber nur spekulieren. Daves Reaktion war absolut überzogen und unfair. Vor unseren Zimmern darf kein Alkohol getrunken werden und Dave ist da ziemlich strikt. Danielle saß da mit einer ganzen Flasche Wein und selbst Jimmy hatte schon mal eine Warnung bekommen. Was ist passiert? Die Beiden dürfen bleiben. Unglaublich. Nur weil der Koch und die Duty Managerin nicht sofort ersetzt werden können, dürfen sie bleiben. Sorry Dave, aber moralisch finde ich das absolut unterste Schublade. Einen Tag zuvor hatte Dave ca. 1 Stunde mit Danielle darüber gesprochen, was passiert ist. Ich bin nie wirklich mit Danielle, die Mike ersetzt hatte, auf Arbeit richtig klar gekommen. Ich habe keine Ahnung, was sie Dave erzählt hat. Ich denke aber, dass sie versucht hat ihren eigenen Arsch zu retten. Alles in allem glaube ich, dass es für Dave ein Willkommensgeschenk gewesen ist, uns herauszuschmeißen. Nach Ostern ist es etwas ruhiger geworden und er hatte Probleme jedem genug Stunden zu geben. In dieser Woche hatte ich schon 2 Tage frei und Dave fragte mich ein paar Tage zuvor, ob ich nicht in der folgenden Woche für 2 Tage campen gehen wolle.  Es sind alles nur Spekulationen. Warum das ganze letztendlich so übergekocht ist, werde ich wohl nie erfahren. Aber das Dave uns nicht mal wegen unserer Arbeitsleistung, sondern wegen so etwas Belanglosem gefeuert hat, nehme ich schon ziemlich persönlich und lässt ihn zum Abschied bei mir leider in ganz schlechter Erinnerung. Auch das kollegiale Verhalten kann ich einfach nicht nachvollziehen. Wir hatten so ein wunderbares Team, als ich in Balladonia angekommen bin. Dass manche Kollegen einen dann so den Dolch in den Rücken stechen müssen, tut einfach nur weh. Wenn Kevin nicht gleich am nächsten Morgen zu Dave gerannt wäre und ihm davon erzählt hätte, Nichts, absolut gar Nichts wäre passiert.

Aber was passiert ist, ist passiert. Auch solche Tage zählen zu diesem Abenteuer dazu. Zumindest weiß ich nun auch, wie es sich anfühlt gefeuert zu werden. Und es ist ein ziemlich beschissenes Gefühl. Wenn man gefeuert wird, denkt man, dass man etwas ziemlich Großes falsch gemacht haben muss. Was dass Ganze so verrückt macht, ich kann bis heute nicht sagen, dass ich einen großen Fehler gemacht habe. Aber wie ihr wisst, es gibt eine goldene Regel hier in Australien: Stecke niemals den Kopf in den Sand. Ich wusste, ich brauchte einige Tage, um das zu verdauen. Das blöde an der ganzen Sache ist, dass ich immer noch um die 5000$ brauche, um neben den Traum Südsee auch noch den Traum Südostasien zu realisieren. Mit jedem Tag der nun verstreicht, verstreicht auch die Möglichkeit zusätzliches Geld zu verdienen.
Selbstverständlich habe ich Mari-Liis versprochen sie mitzunehmen, da sie kein eigenes Auto hat. Ich habe so schnell wie möglich meine Sachen gepackt. Ich wollte einfach nur noch diesen Ort verlassen. Wir erinnerten uns an die Kollegen von der BP Tankstelle in Norseman. Wir haben sie angerufen und gefragt, ob wir nicht in ihrem Haus für ein paar Tage unterkommen könnten. Zum Glück gibt es auch noch anständige Kollegen. Alles kein Problem. Wir sind also nach Norseman gefahren und haben uns Unterschlupf im Haus von Connor, Deo und John gesucht. Unsere Gedanken und Gespräche waren natürlich die ganze Zeit bei Balladonia.
Dann passierte noch Etwas, was ich bis heute nicht nachvollziehen kann. Heidi muss dermaßen geweint haben, dass sie einfach nicht im Shop arbeiten konnte. Plötzlich tauchte Heidi dann am Haus in Norseman auf. Noch viel verrückter, auch Daves Auto mit Dave. Was soll das denn jetzt? Da Heidi absolut nicht in der Lage war zu arbeiten, hat Dave, der geahnt hatte, dass wir in Norseman Unterschlupf suchen, sie hierhergefahren und ihr für die nächsten  2 Tage frei gegeben. Und dann fragte er doch wirklich, ob wir mit ihm in den Pub kommen wollten auf ein Bier. Zunächst sagte ich zu den Mädels, dass ich das nicht will. Warum sollte ich mit dem Typen, der mich gerade gefeuert hat, ein Bier trinken gehen??? Nachdem Heidi und Mari-Liis mich aber darum gebeten haben, sagte ich zu. Immerhin hat Dave uns wenigstens noch einen letzten Gefallen getan und Heidi nach Norseman gebracht, mit der wir noch 2 Tage verbringen konnten. Und ich bin ja auch kein schlechter Mensch. Ihr glaubt gar nicht, was das für eine komische Situation im Pub war. Meine Gefühle: Unbeschreiblich. Keiner von uns wusste so genau, was er sagen sollte. Irgendwann sagte Dave dann so komische Dinge wie: „Ich habe niemals zuvor mit Leuten, die ich gefeuert habe, ein Bier zusammen getrunken“ Was sollen denn solche Aussagen? Ich sah in Daves ganzen Auftreten und Gesichtsausdruck, dass es ihm ziemlich leid tat, was er da getan hat. Ich würde sogar soweit gehen, dass er realisiert hat, einen Fehler gemacht zu haben. Zu spät, Dave! So einen Fehler kann er natürlich nicht mehr korrigieren. Mit einem letzten Händeschütteln hat Dave dann den Pub verlassen und mit ihm ging meine Zeit in Balladonia :(
Zusammen mit Heidi haben wir dann in Erinnerungen geschwelgt und am späten Abend sogar etwas den schwarzen Humor aufleben lassen. Irgendwann sind dann die ganzen Emotionen übergekocht und alles kam heraus. Zusammen haben wir ein paar Tränen vergossen und ich war ziemlich dankbar, wenigstens 2 vertraute Personen um mich gehabt  zu haben, die nachvollziehen konnten, wie beschissen man sich fühlt. Wir haben zusammen eine ganze Flasche Tequila an diesem Abend gekillt. Ein Indiz dafür, dass es ein ziemlich emotionaler Tag gewesen ist. 

Am nächsten Morgen hieß es dann Pläne schmieden. Wie geht es denn nun weiter? Mein Plan war ja sowieso nach Balladonia einen letzten Roadtrip an der Küste entlang zurück nach Perth zu machen. Warum also nicht jetzt mit Mari-Liis auf den Roadtrip gehen und unterwegs nach Jobs Ausschau halten. Mit diesem Plan verliere ich zumindest keine unnötige Zeit. Ein genialer Plan. In dieser Situation zumindest. Es sollte also nach Esperance gehen mit Mari-Liis. Das Auto brauchte eine neue Batterie. Da es in Esperance günstiger ist, aber alle Mechaniker am Sonntag geschlossen sind, entschieden wir uns dazu Norseman am Montag zu verlassen. Das war auch ganz gut, denn wir haben echt ein paar Tage gebraucht, um über diesen Schock am Freitag hinwegzukommen. 

Ich sage Euch, dass war ein sehr emotionales Wochenende. Ich habe es letztendlich unter dem Motto: „Zum falschen Zeitpunkt, am falschen Ort gewesen“ abgehakt. Ich wollte versuchen, mich auf den Roadtrip zu konzentrieren und zu freuen. Denn schließlich – auch wenn ich sehr an Balladonia gehangen habe - bin ich ja immer noch in Australien, um einen Traum zu leben und nicht der Vergangenheit hinterher zu trauern…

Auf geht’s nach Esperance!


1 Kommentar:

  1. Das nenne ich unterste Schublade! Und man merkt, dass man in Australien ist, das ist ein Stück lebensart dort...

    Schaut Euch Hellfire Beach an im Le Grand Nationalpark! Der Hammer, und natürlich campen vor Ort

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