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Meine Reise 2011 - 2014

Meine Reise 2011 - 2014

Montag, 11. März 2013

Norseman Cup Day - Teil II

Kurz nach 18 Uhr hat mich dann Clay abgeholt und zum Pub in Norseman gebracht. Dave hatte organisiert, dass jeder von uns ein Zimmer über Nacht im Pub bekommt. Clay hat mir also mein Zimmer für die Nacht gezeigt. Ich habe mich dann frisch gemacht und mich in Schale geschmissen. Völlig unwissend, dass gleich die größte Herausforderung auf mich wartete, die ich bis jetzt in einem Job in Australien zu bewältigen hatte, trat ich meinen Weg hinter die Bar an. An der Bar angekommen, schimmerte mir schon, was der Abend für mich bereit halten würde. Mittlerweile strömten alle schon gut angetrunkenen Besucher vom Pferderennen in die Stadt und viele von denen auch in den Pub. Es war mit Sicherheit der Tag des Jahres, an dem der Pub am vollsten ist. Der Tresen auf der anderen Seite war voll mit immer noch durstigen Leuten, gierig und ungeduldig nach neuen Drinks und Essen. Auf meiner Seite der Bar war nur Floss, eine Neuseeländerin, die hier regelmäßig arbeitet. Sie war super freundlich, ich bemerkte aber schon, dass sie ziemlich beschäftigt war und nicht wirklich Zeit hatte mir alles zu erklären. Zudem war der Bottleshop hinter der nächsten Tür noch offen, den wir gleichzeitig mit der Bar auch noch abfertigen mussten. Ich fand mich also im absoluten Chaos wieder. 2 Kassen, eine im Bottleshop, eine in der Bar. Beide grundverschieden und ich hatte sie nie zuvor gesehen, geschweige denn bedient. Die Beschriftungen der Tasten waren teilweise schon sehr verwischt. Keine Ahnung, was man macht, wenn jemand mit Bankkarte bezahlen will. Kein Plan, wo man die ganzen Drinks in den Kühlfächern findet. Wo finde ich denn diese eine bestimmte Weinflasche im Bottleshop in einem Regal mit 1000 anderen Weinflaschen? Nie zuvor hatte ich in solchem Ausmaße Getränke mixen müssen. Dann hatte auch noch jedes Getränk einen eigenen Knopf auf der Kasse. Nächstes Problem: Bier zapfen. Nie zuvor gemacht. Dann gibt es verschiedene Glasgrößen in Western Australia. Von groß nach klein sind das Pint, Schooner, Middy und Glas. Dann gibt es 3 verschiedene Bierarten in Australien. Fullstrength Bier (normales Bier), Midstrength (3,5% Vol) und Lightbeer (schmeckt fast wie Wasser). 4 Glasgrößen x 3 Bierarten = 12 verschiedene Knöpfe auf der Kasse. Muss ich noch mehr sagen. Wo finde ich die verdammten Gläser? An einer anderen Maschine mussten Wetttickets gescannt werden und der Betrag ausgezahlt werden. Dann gab es auch noch ein Menü für Essen. Wie sieht denn die verdammte Bestellung für die Küche aus? Wo ist denn eigentlich die Küche? Ahhhhhhhhhhhh… Das darf doch alles nicht war sein. Das waren nur so einige Probleme mit denen ich zu kämpfen hatte. Nie zuvor hat man mich in dermaßen kaltes Wasser geworfen. Aber nach 19 Monaten habe ich gelernt, wie man an solche Sachen herangeht. Floss hat mir echt geholfen, wo sie nur konnte, aber mir war nach der ersten Minute schon klar, dass ich mir hier alles irgendwie selbst erklären muss. Das Wichtigste war jetzt, nicht ungeduldig zu werden und bloß nicht die Kontrolle zu verlieren. Nach und nach versuchte ich mir mit ein wenig Logik und Herumsuchen, die meisten Dinge selbst zu erklären. Manchmal konnte mir aber echt nur Floss weiterhelfen und die Leute an der Bar mussten dann natürlich ziemlich lang auf mich warten. Manche waren sehr ungeduldig und schmissen mir ein paar unfreundliche Wortbrocken entgegen. Aber das war mir zu diesem Zeitpunkt scheißegal. Ich wollte einfach nur das System verstehen. Und es hat sich tatsächlich ausgezahlt. Nach ca. 20 Minuten hatte ich die meisten grundlegenden Dinge verstanden und nach weiteren 20 Minuten war ich drin. Es fing an Spaß zu machen. Ich habe Biere gezapft wie ein Weltmeister, die Tasten in die Kasse gehauen, Essensbestellungen entgegen genommen als ob es keinen Morgen gäbe, Kreditkarten ohne Ende abgerechnet, Preise im Bottleshop gescannt und am wichtigsten, die durstigen Mäuler mit neuem Alkohol versorgt :) Selbst Floss fand ein Stück ihres Lächelns wieder. Und dann kam mein großer Moment. Dave kam zur Bar und meinte erstmal, dass ich fantastisch in meiner Bügelfaltenhose und meinem schwarzen Hemd aussah. Als er mich dann Bierzapfen sah, ich schwör, er war schon ein wenig überrascht und stolz, dass sein Mitarbeiter das so gut hinbekommt. Lustigerweise musste ich dann Dave sogar, der ja mein eigentlicher Boss in Balladonia ist, nach seiner Kreditkarte fragen, da er auf Tab (Anschreiben lassen) bestellt hatte. Sehr witzige Situation. Mein Boss ist mein Kunde :D
Gegen 21 Uhr hatten mich Clay und Marion dann erlöst. Meine Schicht hinter der Bar war zu Ende, ich habe mir erstmal einen leckeren Fischburger bestellt und zusammen mit Marion und Clay Abendbrot gegessen. Was für ein paar überragende Stunden. Was für ein überragender Tag. 

Das war mal wieder australisches Kino auf ganz hohem Niveau. Aber der Tag war noch nicht zu Ende. Nach 10 Stunden arbeiten  entschloss ich mich auf den Weg zur anderen Seite der Bar zu machen anstatt ins Bett zu fallen. Auf meinem Weg dorthin habe ich Dave getroffen. Er hat mir zu meiner tollen Schicht hinter der Bar gratuliert und ich kann euch echt sagen, auch wenn er das nicht gesagt hat, er war beeindruckt, dass ich das so gut hinbekommen habe. Dave hatte schon so eine Vorahnung wie der Tag enden würde und meinte nur: „Ich fahre morgen  früh 7 Uhr zurück nach Balladonia. Mit oder ohne Euch.“ Er wollte glaube ich damit nur sagen, dass wir soviel trinken können, wie wir möchten, solang wir morgens im Auto sitzen und nachmittags wieder arbeiten können :)Ich habe mir also das größtmöglichste Feierabendsbier bei Floss bestellt. Dann ging es mit Heidi und unseren Kollegen von der BP in Norseman in einen Workers Club. Keine Ahnung was es genau war, aber es spielte eine Live-Band und ich sah viele bekannte Gesichter vom Pferderennen wieder, mit nur einem Unterschied, dass sie nun noch betrunkener waren. Wir hatten viel Spaß dort und es würde mal wieder den gesamten Rahmen sprengen hier alle Geschichten aufzuzählen. Und wie das in einer Outbackstadt so ist, kamen da doch tatsächlich einige Leute zu mir und meinten: „Hey, du bist doch der Barkeeper vom Pferderennen heute.“ „Ja, das bin ich.“ Da verbringt man ein paar Stunden in Norseman und bleibt den Leuten als „Sebastian, der Barkeeper“ in Erinnerung. Ach, wie schön. Dann bestellte ich mir gerade ein Bier als ich die weibliche Küchenhilfe aus dem Pub 5m weiter an der Bar sah. Ich will ja nicht schlecht über Leute reden, aber sie war echt nicht die Hübscheste. Das ist eigentlich noch ziemlich nett ausgedrückt ;) Sie winkte mir zu und schrie fast: „Hey Sebastian“ Dann sah ich sie, wie sie ihren Freundinnen versuchte stolz zu erklären, dass sie mit mir heute im Pub zusammengearbeitet hat. Ihre Freundinnen waren aber allesamt auch nicht viel hübscher. Ich gab ihr also einen höflichen Wink und ein kleines Lächeln aus Anstatt zurück und versuchte mich irgendwie ihrem Blickwinkel zu entziehen. Jaja, Berühmtheit bringt eben auch viele Schattenseiten mit sich :D 

Gegen Mitternacht war ich eigentlich schon auf den Weg zurück zum Pub und in mein Bett bevor mich Lena ins „Partyhaus“ von Norseman eingeladen hatte. Das Partyhaus gehört Norman, ein Phillippino, der Küchenchef in der BP Tankstelle in Norseman ist. Mir wurde auch schnell klar, warum es das Partyhaus ist. Laute Musik, betrunkene Leute und ohne Ende Alkohol und Essen umsonst. Naja dort bin ich dann noch bis 3 Uhr geblieben bevor ich totmüde und überglücklich in mein Bett gefallen bin. Ein perfekter Tag ging zu Ende. Das waren mal wieder Erlebnisse, die man einfach nicht vergisst. Ich glaube als Barkeeper habe ich auch meine zweite Berufung gefunden. Das hat echt super viel Spaß gemacht, mal hinter einer richtigen Bar zu arbeiten. Da kann ich Dave eigentlich gar nicht genug danken, dass er mir nicht nur den Job hinter der Bar beim Pferderennen, sondern auch noch im Pub besorgt hat. Leider, leider war ich im Pub so beschäftigt, dass ich nicht mal ein Bild machen konnte. Auch im Workers Club habe ich wieder anderen Dingen Priorität geschenkt anstelle des Bilderknipsens. Einzig von Normans Partyhaus habe ich ein paar Bilder auf meiner Kamera am nächsten Morgen gefunden.




PS: Ich habe es nach 3 Stunden Schlaf in Dave’s Auto geschafft und habe nachmittags auch schon wieder in Balladonia gearbeitet.

1 Kommentar:

  1. Wahnsinn was du alles erlebst. Liest sich super. Mein Jahr ist grade losgehangen und es war noch nicht so aufregend. Aber wird bestimmt noch besser

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