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Meine Reise 2011 - 2014

Meine Reise 2011 - 2014

Freitag, 8. Juni 2012

Container, die Zweite


Montag stürzte ich mich in die unermüdliche Jobsuche. Bereits am Sonntag hatte ich einige Lebensläufe übers Internet herausgeschickt. Unter anderem auch an Toll Personell, die nach Fahrern bei Gumtree gesucht haben, die eine Forklift, MR, HR oder MC Lizenz haben. Das sind Lizenzen für Gabelstapler und größere bis richtig schwere Trucks. Warum ich das gemacht habe? Ich weiß es selbst nicht. Ich habe keine der Lizenzen. Ich habe einfach Lebensläufe an so ziemlich jeden herausgeschickt. Warum ich Euch gerade von Toll Personell erzähle? Montag morgen bekam ich einen Anruf von Michael. Er sagte mir, dass ich ihm meinen Lebenslauf geschickt hätte und ob ich noch nach Arbeit suche. Klar. Ich hatte nur keinen blassen Schimmer, wer Michael war und von welcher Firma er war, da ich ja unzählige Lebensläufe herausgeschickt hatte. Jedenfalls lud er mich zum Interview am Dienstag um 9.30 Uhr ein. Sollte ich gleich am ersten Tag meiner intensiven Jobsuche einen neuen Job bekommen? Erst als mir Michael eine Email mit der Adresse geschrieben hatte, dämmerte es mir, dass es Toll Personell war, die nach Fahrern mit den verschiedenen Lizenzen suchen. Aber für welchen Job will Michael mich denn einsetzen? Keine Ahnung.
Dienstag morgen ging es dann in die Vororte von Darwin. Angekommen, hat mich Michael total freundlich empfangen. Dann habe ich erstmal erfahren, dass Toll Personell eigentlich gar keine Jobs verteilt, sondern eine weitere der vielen Recruitment Agencies in Darwin ist, die Leute an verschiedene Arbeitsplätze vermitteln. Das Interview war eigentlich kein Interview. Ich musste 20 Seiten Formulare mit sämtlichen Zeug ausfüllen, unterschreiben… Der übliche Papierkram halt. Dann wurde es witzig. Ich musste einen Industrial Light Test machen, der mir vorkam wie ein IQ Test. Anschließend musste ich Matheaufgaben lösen. Ohne Taschenrechner :D Und zum Schluss musste ich mir noch ein Video über Toll Personell anschauen und anschließend Fragen beantworten. Nachdem ich dann alles bravurös gemeistert habe, kam Michael endlich zur Sache. Er habe in meinem Lebenslauf gelesen, dass ich schon Mal Container ausgeladen habe. Und ein Lagerhaus bräuchte noch Leute zum Container ausladen, wofür er mich vorgesehen hat. Ich wusste nicht, ob mich freuen soll oder heulen sollte. Damals in Melbourne habe ich mich mit dem Worten nach dem letzten ausgeladenen Container verabschiedet: „Ich bin so froh, dass ich NIE WIEDER Container ausladen muss.“ Und here we are. Mein neuer Job ist Container ausladen. Aber immerhin, ich habe nach einem Tag Jobsuche einen neuen Job bekommen. Das hat mir gezeigt, wie vorteilhaft doch ein Auto und Vorerfahrung sein können. Michael hat mir dann die Details gegeben. Schon am nächsten Morgen sollte es losgehen. 6.30 Uhr. Bezahlt werde ich dieses Mal nicht pro Stunde, sondern pro Container. Es gibt 138$ pro Container , der aber von 2 Personen ausgeladen wird, also 69$ für jeden. Naja schauen wir mal, ob sich das lohnt.
5.15 Uhr bin ich dann am Mittwoch morgen aufgestanden. Der Weg führte mich zum East Arm Port, einem Industriekomplex von Darwin, ganz in der Nähe wo ich auch den Weed Sprayer Job hatte. Das Lagerhaus trägt den Namen CUB. Mhhh… wofür das wohl steht? Und dann hatte ich sie wieder Alle vor mir stehen, schön aneinander aufgereiht. Meine geliebten Container. Ein Deja Vu. Eine Frage hat sich mir dann doch gestellt. Was ist dieses Mal in den Containern? Wieder Lebensmittel? Nein. Was ich sehen musste als ich den ersten Container geöffnet habe, hat mir fast die Sprache verschlagen. Der Container gefüllt mit einem meiner Lieblingsprodukte. Bier. Ja, ein ganzer Container voll mit Bier stand vor mir und wartet darauf von mir und meinem australischen Kollegen Ben ausgeladen zu werden. Es dauerte nicht lang bis ich realisiert habe, dass in allen Containern Bier ist. Das ganze Lagerhaus ist voll mit Bier. Der Name CUB steht für „Foster’s and Carlton United Brewers“. Herzlich willkommen in einem Lagerhaus voll mit Bier und Spirituosen. Vorrangig australisches Bier, aber auch internationales Bier und Spirituosen jeglicher Art. Wie soll das funktionieren. Ich lade den ganzen Tag Bier aus und darf nicht mal einen Tropfen trinken. Das ist echt gemein.
Den ersten Tag habe ich mich dann recht gut geschlagen. Allerdings ist der Verdienst lächerlich. Wir haben gerade einmal 2 Container geschafft, was 138$ vor Steuern sind. Ist es das wirklich wert, mich wieder so zu schinden für wenig Geld. Die Antwort ist: Ja, das ist es. Denn es ist immerhin ein bisschen Geld. Da heißt es mal wieder meinen Kampfgeist abzurufen. Donnerstag ging der Spaß dann weiter.

Als ich gerade am ausladen war, bekam ich jedoch einen Anruf. Seinen Namen hatte ich zunächst nicht verstanden und er meinte er hätte meine Nummer von einem Lee. Ich war etwas verwirrt. Jedenfalls hatte er mir einen Job angeboten sein Boot für ein paar Tage zu reparieren für 20$ die Stunde cash auf die Hand. Da im Lagerhaus übers Wochende nicht gearbeitet wird und der Job Samstag anfangen sollte, habe ich doch einfach mal zu gesagt. Als ich dann nochmal nach seinem Namen fragte, stellte sich heraus, dass sein Name Jürgen ist und er ursprünglich auch aus Deutschland ist. Das läuft ja wie geschmiert. Tagtäglich bekomme ich einen neuen Job. Ich entwickle mich ja hier zum Arbeitstier :D Ich hoffe nur die beiden Jobs überlappen sich nicht. Aber da kann ich mir wann anders Gedanken drüber machen. Als ich neulich mit Sophie aus Adelaide bei Facebook geschrieben habe, sagte sie mir, dass Matt vielleicht für mich auch einen Job an Land ziehen könnte, wenn ich eine White Card habe (die ich ja jetzt habe ), da seine Firma in Darwin einige Projekte hat. Das werde ich im Hinterkopf behalten, falls gar nichts mehr geht. Ihr seht, jobmäßig läuft es gerade wie geschmiert und eines steht fest: Beziehungen hier in Australien sind Gold wert, denn nach dem Telefonat mit Jürgen ist mir auch wieder eingefallen, wer Lee ist. Ich hatte Lee und seiner Freundin (beide Engländer) vor 2 Wochen mein Campingzeug geliehen, da sie in den Litchfield Nationalpark gefahren sind. Als sie zurück waren, meinte Lee, dass er ein Job für ein Boot hätte, er aber einen anderen Job zu dieser Zeit hätte und an mich gedacht habe. Das Backpacker-Netzwerk ist fantastisch. Eine Hand wäscht die andere und du kommst manchmal an Jobs über 5 Ecken, denn Lee hat den Job angeboten bekommen, da sein Freund Ken für Jürgen das Haus mit renoviert hat. Nun hat Ken Lee einen Job besorgt, den Lee an mich weitergegeben hat. Verwirrend und unglaublich zugleich, oder? :D

Aber zurück zu den Containern. Am Freitag hieß es nur dem Wochenende entgegen zu arbeiten. Es gibt eines, wofür ich Australier liebe und hasse zu gleich. Ihre Gemütlichkeit und Easy-Going-Mentalität. Mein Kollege Ben hat anscheinend nicht gecheckt, dass wir pro Container und nicht pro Stunde bezahlt werden. Seelenruhig hat er die Container ausgeladen. Die meiste Zeit habe ich 2/3 und er 1/3 der Container ausgeladen, obwohl jeder eine Hälfte ausladen sollte. Dann kam aber ein unglaublich harter Augenblick. Es ist 10:30 und wir öffneten gerade unseren zweiten Container an diesem Tag. Ben, der übrigens 8 Monate arbeitslos war und jetzt das erste Mal wieder arbeiten war, sagte nur, dass er Rückenschmerzen habe und jetzt nach Hause gehe. Ich konnte es nicht fassen. Er ist einfach nach Hause gegangen. Und wisst ihr, was mein Supervisor sagte? „Keep going“ (Mach weiter) WAS??? Ich stand vor einem Container voll mit 15000kg „XXXX“-Bier (Lieblingsbier der Queensländer), das darauf wartete an einem Freitag von mir ALLEIN ausgeladen zu werden. Absolut unfassbar. Aber ich habe es tatsächlich geschafft, diesen Container in sagenhaften 4 Stunden zu leeren, was meinen Supervisor und meine anderen Kollegen ziemlich beindruckt hat, so dass er mich gleich fragte, ob ich nächste Woche wieder komme. Und ein Gutes hatte dieser Container dann doch. Da ich ihn allein ausgeladen habe, habe ich natürlich die ganzen 138$ für den Container nicht mit Ben teilen müssen. Und wenn ihr mal rechnet, 138$ in 4 Stunden, dass ist ein Stundenlohn von 35,50$ (30€). Das ist der höchste Stundenlohn, denn ich je in Australien bekommen habe. Gut gemacht, Basti ;)

Naja, nun schau ich mal, was morgen mit dem Boot für ein Job auf mich wartet.

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